Juni, 2011.
Es ist das erste Wochenende im Juni,
und damit auch das letzte vor den Sommerferien.
Wie jedes Jahr sitzen wir am See,
grillen und hören Musik.
Es ist das letzte Mal, in dem wir in
dieser Konstelation zusammen sind.
Einige werden hier in Kassel bleiben,
Jessica beginnt ihre Ausbildung in Wertheim und ich? Ich weiß nicht
was ich machen werde.
Aber dies ist kein Zeitpunkt, um mir
den Kopf darüber zu zerbrechen.
Die Sonne steht in ihrer besten Stunde
und brennt so heiß auf meinem Körper, wie eine riesige Herdplatte.
Perfekt. Ich schaue hinab auf meine kreidebleichen Beine. In der
Sonne sehen sie am schlimmsten aus. Ich komme mir so vor, wie ein
Vampir. Das ich damit nicht alleine bin, ist ein kleiner Trost. Denn
aus dem Augenwinkel betrachte ich Jessi, wie sie kritisch an sich
hinab blickt. „Was soll'n der Scheiß? Fast seit 'ner Stunde lieg
ich hier, und die sehen immer noch so aus, als wäre ich in einen
Tank voll Kreide gefallen!“ „Was soll ich denn sagen?“, gebe
ich zurück.
Dank mir hat sie sich doch erst
getraut, dieses Kleid anzuziehen, worauf man doch angeblich ihr
überdimensional großes Muttermal sehen kann, dass eine geschätzte
Breite von 20 Millimetern hat.
„Will noch jemand 'n Steak?“, fragt
Elias. Oh Gott. Danke, danke Elias, dass du mich daran erinnert hast,
dass ich, wenn ich mich auh nur einen Zentimeter zur Seie lehne,
platze, oder die ganze Picknickdecke versaue. In den anderen Köpfen
scheint sich das Gleiche abzuspielen und sie schütteln angewidert
den Kopf. „Gut. Dann ist das wohl unser diesjähriges Flusssteak.“
Hach. Wie ich dieses Ritual liebe.
Jedes Mal, wenn wir uns an diesem Platz treffen, wird ein Steak in
den Fluss geworfen. Wir setzen eine ernste Mine auf und gehen zum
Fluss.
„Geehrt seist du, du heiliges
Fleischstück, das unseren Magen entkommen durfte. Schwimm. Schwimm
für deine Brüder, deine Familie, deinen Stolz. Auf dass dich ein
Hund nicht zum Mittagessen findet und du einen langen und angenehmen
Verfall erleidest.“ „Was ist los mit dir, Dustin?“ fragt Katha.
Dustin schweigt. Er ist noch zu vertieft in seine Rolle und sieht dem
Steak nach, wie es circa 5 Meter schwimmt und an einem Ast hängen
bleibt.
Das einzige, was ich an diesem Wetter
hasse, ist mein Gesicht, das überall rote Flecken hat am glänzen
ist und die wahnsinnigen Kopfschmerzen, weil ich es einfach nicht
einsehe, mich in den Schatten zu setzen. Das einzige.
Ich liebe, wie das schmelzende Eis an
der Waffel hinuntergleitet, genau so wie ich die überfüllten
Straßen und Cafés und die Musiker liebe, die fröhlich ihre Lieder
trällern.
Ich liebe es, die Augen kaum offen
halten zu können und dann in großer Erleichterung eine Sonnenbrille
zu finden und ich liebe uns, wie wir die Straßen langlaufen, auf der
Wiese liegen, uns den Arsch ablachen und alle Probleme zu Hause
vergessen. Ja, ich liebe uns verdammt.
All diese Sachen lassen mich von dem
entkommen, was zuhause herrscht.
Dieser ständige Druck, irgendwie das
Leben zu meistern. Einen geeigneten Beruf für mich zu finden. Die
Freundschaft mit ihm nicht zu verlieren.
Besonders die Freundschaft zu Dustin
und Jessi geben mir das Gefühl,
dass nicht alles was ich tue, für die Katz ist. Denn egal wie
sinnlos mir das Leben erscheint, diese Personen lassen diese Zeit
glücklich sinnlos vorbeigehen.
ICH LIEBE DEN SOMMER; ICH LIEBE UNS.
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